Die Corona-Infektionszahlen steigen weiter an und damit auch die Befürchtung: Wie lange kann der Regelbetrieb in Schulen aufrechterhalten bleiben? Experten warnen vor erneuten Schulschließungen und raten zu gezielten Handlungsempfehlungen.
Die Gesellschaft für Virologie e.V. warnt vor der Annahme, dass Kinder keine Rolle in der Pandemie und in der Übertragung von Covid-19 spielen. Die bisherigen wissenschaftlichen Studien zur Infektionsrate bei Kindern und deren Rolle in der Pandemie sind noch nicht ausreichend. Es ist mitunter zu berücksichtigen, dass die Mehrheit der Studien zu einem Zeitpunkt durchgeführt wurden, als weitreichende Kontaktbeschränkungen galten. Aktuelle Beobachtungen lassen darauf schließen, dass die initial teilweise angenommene, minimale Rolle von Kindern in Frage gestellt werden muss.[1] Für das Wohl der Kinder, aber auch der Gesellschaft sind Hygiene- und Schutzmaßnahmen an Schulen unabdingbar.
Einhaltung der AHA-Regel unabdingbar
Deshalb ist auch die sogenannte AHA-Formel in Schulen ein wirksames Mittel, um sich gegen das Coronavirus zu schützen. Abstand halten, Hygieneregeln beachten, Alltagsmasken tragen. Um den nötigen Abstand von 1,5 Meter zu wahren, müssen Kinder auf jeglichen Körperkontakt verzichten. Umarmungen und persönliche Berührungen fallen damit weg. Zusätzlich wird auf eine konstante Gruppenzusammensetzung von Klassen und Lerngruppen gesetzt, um im Bedarfsfall die Infektionsketten nachzuvollziehen und schnell unterbrechen zu können. Zum wichtigsten Bestandteil der Hygieneregeln gehört auch in der Schule das regelmäßige Händewaschen und ggf. eine Händedesinfektion. Die Schulbehörden empfehlen bereits die erste Handreinigung nach Betreten der Schule. Auf dem Schulgelände und in den Gebäuden der weiterführenden Schulen herrscht in der Regel Maskenpflicht, nicht aber im Unterricht. Zeitweise setzten einzelne Bundesländer mit hoher Infektionsrate, wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen, auf eine Maskenpflicht auch im Unterricht.
Neben Abstandhalten, Hände waschen und Alltagsmaske kommt ein weiteres wichtiges Thema hinzu: Lüften. In geschlossenen Räumen ist die Möglichkeit einer Ansteckung mit Sars-Cov-2-Viren mehr gegeben als im Freien. Deshalb empfehlen Wissenschaftler regelmäßiges Stoßlüften im zeitlichen Abstand von 20 Minuten für die Dauer von fünf Minuten. Mit Blick auf die kälteren Temperaturen auch ein Thema auf dem Schulgipfel. Ob zusätzliche Lüftungsanlagen in Klassenzimmern installiert werden, wollen die Kultusminister mit Experten diskutieren.[2]
Seelische Belastung bei Schülern steigt
Politik und Wissenschaft wollen möglichst eine erneute Komplettschließung von Schulen vermeiden, da die Folgen drastisch sind: Keine Schule, fehlende Tagesstruktur und Einsamkeit haben bereits zu Beginn der Corona-Krise bei vielen Kindern psychische Spuren hinterlassen. Eine Umfrage des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf [3] zeigt: Mehr als 70 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen fühlen sich durch die Corona-Krise seelisch belastet. Stress, Angst und Depressionen haben zugenommen.
Komplettschließung muss verhindert werden
Um komplette Schließungen zu vermeiden, verfolgen Experten und Politik die gleiche Strategie. „Wir müssen uns im Herbst darauf einstellen, dass besser und schneller getestet wird, das muss dann auch für Lehrer und Schüler gelten“, sagt Charité-Virologe Christian Drosten.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek plädiert ebenfalls für schnelle Tests: „Es müssen die möglicherweise betroffenen Kinder schnellstens in Quarantäne gehen und dann auch getestet werden.“ In einigen Bundesländern können sich bereits heute Lehrer freiwillig und kostenfrei auf das Coronavirus testen lassen, auch wenn sie symptomfrei sind.