In der klinischen Diagnostik müssen häufig Stuhlproben analysiert werden. Welche Herausforderungen es dabei gibt und was man bei der Anwendung von Schnelltests beachten sollte, das erzählen uns Heike Calado Duarte und Carlo Farah aus unserem Entwicklerteam.
Hallo Heike und Carlo, vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview genommen habt. Könnt ihr euch und eure Arbeit kurz vorstellen?
Heike: Hallo Wiebke, das machen wir doch gerne. Mein Name ist Heike Calado Duarte und begleitet werde ich von meinem Teamleiter Carlo Farah. Wir arbeiten beide im achtköpfigen Entwicklerteam für klinische Schnelltests. Ich selbst arbeite seit ca. zehn Jahren bei R-Biopharm und bin seit letztem Jahr die Gruppenleiterin Forschung & Entwicklung Lateral Flow Klinische Diagnostik. Meine berufliche Laufbahn habe ich mit einem Biologiestudium begonnen.
Carlo: Ich bin bereits seit über zehn Jahren bei R-Biopharm. Als Teamleiter führe ich dort eine Gruppe von vier Entwicklern, welche sich mit der Entwicklung von Schnelltests, im Gebiet Lateral Flow, beschäftigt. In diesem Team arbeiten wir vorranging an klinischen Parametern zur Diagnose von Krankheitserregern, welche im Stuhl nachzuweisen sind. Von Haus aus bin ich Biotechnologe.
Erzählt doch mal: Was ist das Besondere an der Analytik von Stuhlproben mit einem Lateral-Flow-Schnelltest?
Carlo: Die Herausforderung von Stuhlproben liegt darin, dass die Bestandteile der Proben den Testlauf stören können. Eine Stuhlprobe hat eine sehr vielfältige und individuelle Zusammensetzung – es sind sehr viele Proteine und Feststoffe enthalten. Diese für Stuhlproben besonders hohe Partikelmenge muss auf jeden Fall reduziert werden, da eine zu hohe Partikellast durch Verstopfungen auf dem Schnellteststreifen zu ungültigen Testläufen führen kann. Gleichzeitig herrscht in diesen Proben eine hohe Proteinkonzentration, was dazu führen kann, dass die Analyten maskiert werden.
Heike: Ich stimme Carlo zu. Was die Proben so herausfordernd macht, ist die Komplexität oder die Unterschiede der möglichen Proben, welche eingesetzt werden können. So unterschiedlich wie das Probenmaterial sein kann, so herausfordernd ist auch die Entwicklung. Es kann sehr komplex sein, die geeignetsten Materialien auszuwählen, um schließlich einen sehr guten Assay auf den Markt bringen zu können.
Was genau kann einen Lateral-Flow-Testlauf mit Stuhlproben beeinflussen?
Carlo: Die Stuhlproben werden aufgrund einer Krankheitsvermutung getestet, daher sind häufig Mikroorganismen, okkultes Blut oder Medikamentenrückstände in den Proben enthalten. Diese Bestandteile können das Testergebnis beeinflussen und werden ebenfalls bei der Testentwicklung und der Wahl der Materialien berücksichtigt.
Eine sehr pektinhaltige und ballaststoffreiche Ernährung führt zu einer schleimigen Konsistenz der Stuhlprobe, was die Abarbeitung ebenfalls erschwert und eine homogene Vermischung der Probe umso wichtiger macht.
Heike: Je nachdem wie die Ernährung und Gesundheit des Patienten aussieht, unterscheidet sich die Zusammensetzung der Stuhlprobe. Es gibt Einflüsse durch verschiedenste Ernährungsformen und -weisen, wie ketogener oder proteinreicher Ernährung, durch persönliche Erkrankungen und die individuelle medizinische Historie, sowie durch die Einnahme von Medikamenten. All diese Faktoren müssen wir bei der Entwicklung berücksichtigen, damit der Test eine optimale Analyseleistung zeigt.
Was gibt es beim Handling von Stuhlproben noch zu beachten?
Heike: Die nachzuweisenden Analyten und die Probe, die vorherrschend aus biologischem Material besteht, besitzen nur eine begrenzte Haltbarkeit. Nicht alle Antigene sind also über einen langen Zeitraum nachweisbar. Daher sollte ein besonderes Augenmerk auf den Transport und die Lagerung der Probe gelegt werden. Die Faktoren Temperatur, Zeit und Handhabung sollten immer beachtet werden. Im schlimmsten Fall kann es bei einer nicht sorgsamen Probenbehandlung und -lagerung aufgrund des Zustands der Probe zu falschen Ergebnissen kommen.
Welche Proben sind aus eurer Sicht für einen Lateral-Flow-Schnelltest am problematischsten?
Heike: Am problematischsten sind generell Proben mit sehr großen Partikeln und Feststoffen. In diesem konkreten Fall sind feste Stuhlproben gemeint. Der Grund hierfür liegt in der hohen Partikellast. Durch diese ist die Konzentration des Antigens im Verhältnis zu den restlichen Bestandteilen viel niedriger, da es sehr viele Elemente in der Probe gibt, die kein Antigen mit sich führen.
Carlo: Wie Heike sagt, für uns Entwickler ist es am schwierigsten, wenn die Stuhlprobe fest ist. In den meisten Fällen liegt jedoch eine Erkrankung zu Grunde, die zum symptomatischen wässrigen bis flüssigen Durchfall führt. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, wie der Nachweis von Helicobacter pylori, einem Bakterium, das im Magen für verschiedene Symptome Auslöser sein kann. Er wird in der Regel aus festen Stuhlproben nachgewiesen.
Wie müssen feste humane Stuhlproben aufbereitet werden, um verlässliche Ergebnisse zu erzielen?
Carlo: Feste Stuhlproben müssen zunächst in dem Probenverdünnungspuffer gelöst werden, da lediglich flüssige Komponenten über den Teststreifen des Schnelltests fließen können. Bei festen Stuhlproben muss das Vermischen der Probe intensiver durchgeführt werden, damit eine Extraktion der Antigene möglich wird. Die Probenaufbereitung muss also so homogen wie möglich sein und es muss sichergestellt werden, dass keine großen Bruchstücke bzw. Partikel mehr vorliegen.
Was sind eure wichtigsten Tipps und Tricks für unsere Anwender?
Carlo: Auf eine gute Verdünnung der Stuhlproben in dem Probenverdünnungspuffer achten.
Heike: Sich die Probe immer auch kurz anzuschauen. Vieles, was Probleme in der Anwendung bereitet, kann mit der individuellen Probe zusammenhängen. Falls etwas nicht funktioniert, gerne uns als Hersteller kontaktieren, denn wir sind gerne behilflich, Fragen zu beantworten und Anliegen zu bearbeiten.
Das Interview führte Wiebke Heine, Product Manager Infectious Diseases bei R-Biopharm.